Die vielleicht letzte Rentenerhöhung und die erste zahlungsunfähige Pflegekasse.
Die gesetzliche Sozialversicherung - eine Errungenschaft
Die gesetzliche Sozialversicherung ist zweifellos eine der großen Errungenschaften unserer Zeit. Als Finanzberater/in kommt man sich beizeiten richtig schlecht vor, wenn wir diese staatlichen Einrichtungen in Frage stellen. Die Frage um die es geht: Wird die gesetzliche Sozialversicherung in der Lage sein, Bürgerinnen und Bürger in Deutschland hinreichend zu versorgen? Oft wird uns genau dann unterstellt, wenn wir so eine Institution hinterfragen, dass wir doch nur unsere - privaten - Versicherungen verkaufen wollten.
Hände auf den Tisch: Ja, die Schwäche der Sozialsysteme ist für uns eine Chance. Oder drastischer formuliert: Ohne unsere Beratung und Produkte steuern viele Menschen hierzulande auf eine Katastrophe zu!
Nur leere Worte? Auf keinen Fall: Ich will zwei aktuelle Ereignisse als Beweise anführen, an denen man festmachen kann, wie sehr sich die Lage zuspitzt.
Die vielleicht letzte Rentenerhöhung zum 01.07.2025
Im Sommer steigen die Bezüge der deutschen Rentnerinnen und Rentner um satte 3,74%. Das liegt deutlich über der Inflationsrate.
Deshalb hat Arbeitsminister Hubertus Heil diese Erhöhung nicht ohne Stolz verkündet. Dass das so ist, wie es ist, hängt mit einer Regelung zusammen, die 2021 von der Großen Koalition verkündet wurde: Das Rentenniveau bleibt bei 48% (Basis: 45 Jahre Durchschnittseinkommen vor Steuer) und der Beitragssatz darf 20% nicht übersteigen.
Diese beiden Garantien hätte die SPD gerne im Rentenpaket II bis 2039 verlängert . Wohlgemerkt "hätte", denn das Scheitern der Ampel hat diese Verlängerung verhindert.
Im Sondierungspapier von Union und SPD steht aktuell (03-2025) vage:
„Das aktuelle Rentenniveau soll langfristig stabilisiert werden, um die Alterssicherung für alle Generationen auf eine solide Basis zu stellen.“
Alle Experten gehen davon aus, dass es aufgrund der aktuellen Lage der Sozialsysteme keine Rückkehr zur alten Rentenformel geben wird, denn fast 20 Millionen heute noch erwerbstätige Menschen gehen in den nächsten 10 Jahren in Rente, nur 12 Mio. rücken nach.
Diese Rentenformel besagt eigentlich, dass Belastungen gleichmäßig auf Beitragszahler, Steuerzahler und Rentner verteilt werden. Dann würde schon in drei Jahren der Beitragssatz auf 19,9% steigen und das Rentenniveau zu sinken beginnen bis auf 45% nur sieben Jahre später (das betrifft die heute 53- bis 57-jährigen). Selbst das wäre nur machbar, wenn auch die Steuerzuschüsse nach oben gehen, sonst wird es sogar noch drastischer. Im Durchschnitt wird die gesetzliche Rente bei (kaufkraftbereinigt) etwa 1.000 € im Monat liegen.
Kurz gefasst: Die Rentenerhöhung zum 1. Juli wird nach menschlichem Ermessen die letzte auf mindestens ein Jahrzehnt hinaus gewesen sein. Das hat übrigens keiner der Verantwortlichen so gesagt.

Pleite der ersten Pflegekasse
Die Pflegekasse der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ist pleite. Was vor ein paar Wochen noch nach der Schlagzeile aus einer Zeitung mit vier großen Buchstaben klang, ist inzwischen Realität.
Trotzdem hält sich der Aufschrei in Grenzen: Es gibt ja glücklicherweise einen Ausgleichsfonds, welcher der SVLFG das notwendige Geld zuschießen wird. Man sollte aber schon weiter deklinieren: Kommen noch mehr Pflegekassen in Bedrängnis – und danach sieht es aus – kommt es zu einem Dominoeffekt, der den Ausgleichsfonds implodieren lässt.
Für diesen Fall gibt es zwei Hebel, die man beide wird betätigen müssen: Höhere Beiträge spätestens ab 01.01.2026 (Anmerkung des Autors: Das kann man eigentlich als gegeben hinnehmen) und höhere Steuermittel. Beides zusammen wird dann, wenn überhaupt, gerade reichen, um die Basisversorgung zu sichern. Wie lange das noch gutgeht, darüber kann man seriös keine Aussage treffen, verlassen würde ich mich aber nicht mehr darauf.
Und nun...?
Auch wenn ich immer beklage, dass solche Themen viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen, so ist das doch auch verständlich. Zum einen können wir es nicht mehr hören, zum anderen schlägt die Gegenwartspräferenz voll zu. Deswegen geht es eben nicht darum, "einfach nur private Versicherungen zu verkaufen". Es ist schlicht unsere Aufgabe, unsere Kundinnen und Kunden während unserer Beratungsgespräche in diese Welt jetzt zu begleiten und in ihre individuelle Situation der Zukunft zu versetzen. Wir sind schlicht die Experten für das lange Ende.
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